Schlagwort: Cool Jazz

  • Lee Konitz

    1927 in Chicago, Illinois, USA ist ein Altsaxophonist des Jazz in seiner Gänze, denn er hat sich so ziemlich allen Stilrichtungen angenommen, die es so innerhalb des Jazz gibt.  Das besondere an Konitz war, dass er den einzigen originären Beitrag zur Entwicklung des Jazz, zum Zeitpunkt des Wirkens von Charlie Parker, darstellte.  Seine Soli sind von einer unfassbaren Kreativität geprägt, was man u.a. an Aufnahmen festmachen kann, welche ca. 40 Minuten lang sind, und die nichts anderes beinhalten als ein Solo von eben jenem Lee Konitz. Neben Lennie Tristano war Konitz der  bedeutendste Cool-Jazz-Innovator. Und das alles noch bevor Miles Davis sich des Cool Jazz annahm. Musiker wie Paul Desmond oder Bill Evans ebenso wie Hans Koller und Albert Mangelsdorff und schließlich sogar Avantgardisten wie Anthony Braxton sind stark von Konitz beeinflusst worden. 

    Eigentlich begann Konitz seine musikalische Laufbahn, indem er anfing Klarinette zu spielen, das mag vielleicht auch der Grund sein, weswegen er diesen recht eigenen Ton hat, der für einen Saxophonisten doch eher ungewöhnlich ist. Bei Paul Desmond, der ebenfalls von der Klarinette kam, sollte sich das noch stärker auswirken. Manchmal spielen die beiden nämlich einfach nur Klarinette auf dem Saxophon. Quasi Klarinettleske, wenn man so will. 1939 wechselte Konitz dann zum Tenorsaxophon. Bis er schließlich als Altsaxophonist bei Teddy Powell und Jerry Wald tätig war, bevor er zwei Jahre das Roosevelt College besuchte. Seine ersten Aufnahmen machte er 1947 und 1948 mit Claude Thornhill.

    Mit 21 Jahren war es dann so weit, er war Mitglied im berühmten Miles Davis/Gil Evans-Nonett, und somit Teil der Birth of the Cool Aufnahme. Diese Aufnahmen (1949-50) haben den Cool Jazz, der zu dem Zeitpunkt noch recht unbekannt war, einem größeren Publikum bekannt gemacht. Das besondere an dieser Aufnahme war weiterhin, dass Konitz als Weißer Teil dieser Aufnahmen war, obwohl es zu dem Zeitpunkt recht viele Schwarze, arbeitslose Altsaxophonisten gab. Ein Fakt, der Miles Davis zum Teil große Kritik in der schwarzen Bevölkerung einbrachte. Er antwortete: ”Zeigt mir einen schwarzen der so spielen kann wie Lee Konitz, und ich lasse ihn spielen.”

    Zur gleichen Zeit arbeitete er mit Lennie Tristano und Warne Marsh zusammen und nahm 1949 mit ihnen und Billy Bauer erste freie Improvisationen auf. Vorher waren die Soli tatsächlich komponiert worden. Besonders bei den Aufnahmen „Intuition“ und „Digression“, auf dem Album Crosscurrents ist diese freie Improvisation gut zu hören.

    Trotz seines künstlerischen Erfolges ging und geht er immer wieder bürgerlichen Tätigkeiten nach, um sich seine künstlerische Freiheit zu bewahren. So unterrichtet er immer noch, um sich nicht von Plattenlabels abhängig machen zu müssen. So war, und ist es ihm möglich Alben einzuspielen, ohne das die Gelder der jeweiligen Plattenfirma letztlich Einfluss auf das Ergebnis der Aufnahmen hatten, oder haben. Konitz nahm über 150 Alben auf, als Leader und als Sideman.

    In den 60’er und 70’er Jahren spielte Konitz hauptsächlich in kleinen Besetzungen, teilweise nur mit einem Pianisten. 1974 spielte er eine bis heute beachtenswerte Soloaufnahme „Lone Lee“ ein, welches die schon erwähnte ca. 40 Minütige freie Improvisation enthält. Bis heute tourt er regelmäßig durch die USA und Europa, ist oft in Studios mit jungen Musikern und spielt mit avancierten Musikern Avantgardeprojekte ein.

    Konitz, der zeitweise in Köln lebte, zeigt sich auch für Musik von Debussy, Satie und Bach offen. Diesmal ging er gemeinsam mit einem Streichquartett, dem Lee Konitz String Project und Ohad Talmorund, auf Tournee und improvisierte über die Musik des französischen Impressionismus.

    Im Jahre 2000 spielte Konitz, mit dem Brandenburgischen Staatsorchester, das für ihn geschriebene Konzert Prisma von Günter Buhles ein. Maßstabsetzende Duoaufnahmen zogen sich wie ein roter Faden durch sein Lebenswerk. Angefangen mit Billy Bauer, folgte die Zusammenarbeit mit Musikern wie Jim HallAlbert Mangelsdorff, Jiggs Whigham, Joe Henderson oder Pianist Frank Wunsch. Die neusten drei Studioaufnahmen sind mit dem dänischen Gitarristen Jakob Bro entstanden. Auch hier hört man immernoch die Neugierde, das Interesse des mittlerweile 86 Jährigen. Entsprechend seiner Bedeutung, ist die Liste der Empfehlungen diesmal etwas länger. Viel Spaß beim Hören.

    Empfehlungen:

    Lennie Tristano – Crossscurrents (Spotify)
    Miles Davis  – Birth of the Cool (Spotify)
    Konitz meets Mulligan (Spotify)
    Lee Konitz with Warne Marsh (Spotify)
    Miles Davis – Miles Ahead (Spotify)
    Lee Konitz – An Image (Spotify)
    Lee Konitz – Motion (Spotify)
    Lee Konitz – Lone-Lee (Spotify)
    Michel Petrucciani – Toot Sweet (Spotify)
    Konitz & Mangelsdorf – The Art of the Duo (Spotify)
    Lee Konitz & Frank Wunsch – S’Nice (Spotify)
    Lee Konitz- Strings for Holiday (Konitz)
    Lee Konitz & Bill Frisell – Efants Terribles (Spotify)
    Jakob Bro – Balladeering (Spotify) – Time (Spotify) – December Song (Spotify)
    Günter Buhles – Prisma Konzert für Alto Saxophon und Orchester (Youtube)

  • Paul Desmond

    Paul Desmond wurde 1924 in San Francisco geboren, und starb 1977 in New York City. Bekannt wurde er durch das Dave Brubeck Quartet (er verfasste dessen größten Hit, Take Five), in dem er seit dessen Gründung im Jahr 1951 bis 1967 spielte.

    Paul Desmond ist der Meister der Melodiösität, der tiefverwobenen Linien, die zwar unendlich Komplex sind, aber dabei immer dermaßen eingängig, dass man überhaupt nicht merkt was dieser tolle Alt Saxophonist einem da an Skalen und Harmonien um die Ohren haut. So luftig, so lyrisch, so leicht, so schwebend und so charmant konnte kein anderer solieren. Hier entfaltet sich eine Melodie nach der anderen. Das sind keine Soli, das sind im Grunde eigene Lieder die Paul Desmond uns da vor soliert. Das dürfte einzigartig sein. Dieser Stil, den Paul Desmond da pflegt ist so außergewöhnlich, dass selbst ungeübte Ohren Desmond sofort erkennen. Seine Soli sind ein wunderbarer Einblick in die zarte Seele dieses Künstlers.

    Desmond ist einer von den ruhigen, den schüchternen, den leisen. Niemals lässt er bei einem das Gefühl aufkommen, dass er mit schnellen Läufen, extrovertiertem Spiel oder Lautstärke auf sich aufmerksam machen will. Seine Soli schreien einen nicht an, sie nehmen einen mit, mit auf eine Reise durch Melodie und Stimmung, die er immer an das jeweilige Stück angepasst hat, was er gerade spielte. Der Blues war ihm genau so nah wie Bach. Es gab natürlich Menschen die ihm das neiden. Es gab Menschen die ihm deswegen immer mal wieder Belanglosigkeit oder gar Banalität unterstellten. Das er genau das Gegeteil von alledem war, mochten und wollten sie nicht hören.

    Desmonds Art Saxophon zu spielen, den Jazz zu spielen, Stücke zu komponieren und zu interpretieren, waren in einem hohen Maße seiner feingeistigen Art geschuldet. Kompliziert kann eben auch hübsch sein. Ein Ansatz, wie er nur sehr selten im Jazz zu finden ist. Ein einzigartiger Künstler der auch außerhalb der Musik mit Klugheit und Stil zu gefallen wusste. Etliche Zitate von Ihm sprechen da Bände.

    16 Jahre hat er an der Seite von Dave Brubeck gespielt, und es gab nicht wenige die in Ihm den eigentlichen Spiritus Rektor des Quartets sahen. Als Brubeck das klassische Quartet 1967 auflöste um sich neuen Dingen zuzuwenden konnte man schon sehr schnell hören wer sich hier den neuen Dingen zuwandte und wer nicht. Während Paul Desmond auf Aufnahmen von Chet Baker und Jim Hall zu hören ist, auf der er unter anderem ein unfassbar grandioses Solo in der Concierto de Aranjuez Interpretation abliefert, und mit dem Modern Jazz Quartet Auftritte absolvierte, spielte Dave Brubeck weiterhin Take Five hoch und runter. Nun ja, ich möchte das musikalische Genie von Herrn Brubeck nicht in Frage stellen aber ’sich neuen Dingen zuwenden‘ geht anders. 1976 trafen sich Desmond und Brubeck ein letztes mal zu Aufnahmen zu einem Album was da einfach nur ‘The Duets’ hieß. Da war es dann noch einmal, dieses kongeniale Zusammenspiel von den beiden. Und es ist ein hübsches Vermächtnis was uns der Herr Desmond da hinterlassen hat.

    Discographie

    Playlist Desmond/Brubeck bei Spotify

    Empfehlungen:

    Blues in Time (Spotify) (Amazon)
    First Place again (Spotify) (Amazon)
    Time Out (Spotify) (Amazon)
    Two of a Mind (Spotify) (Amazon)
    At Carnegie Hall (Spotify) (Amazon)
    Concierto (Spotify) (Amazon)
    The Duets (Spotify) (Amazon)